Initiative neue Qualitär der Arbeit

Frauen sind immer noch eine Rarität in vielen MINT-Unternehmen

Jennifer Frentrup und Josephine Messing haben sich im Projekt Zukunftswerkstatt Technikberufe als MINT-Botschafterinnen engagiert
Jennifer Frentrup, Vertriebsingenieurin bei der Firma Kannegiesser

Welche Motivation gab es für das Unternehmen Kannegiesser, sich am Projekt MINTrelation Zukunftswerkstatt Technikberufe zu beteiligen?

Bezogen auf den technischen Bereich sind aktuell noch immer zu wenig Frauen im Unternehmen tätig. Auch die Anzahl von weiblichen Bewerbern ist im Vergleich gering. Ziel des Unternehmens, sich in dem Projekt zu engagieren war, herauszufinden: Was macht das Unternehmen attraktiver für weibliche Bewerber? Wie unterscheidet sich die Interessenlage der Generationen?

Josephine Messing, Industriemechanikerin bei der Firma Kannegiesser

Wie sind Sie als Mitarbeiterinnen motiviert worden, sich als Botschafterinnen zu engagieren?

Wir hatten das Ziel, die Frauenquote in technischen Berufen zu erhöhen. Aus unseren eigenen Erfahrungen in der Vergangenheit wussten wir, dass es schwer ist, den Kontakt zu technischen Berufen zu finden und zu halten. Es gibt immer noch zu wenig Betriebserkundungstage für Frauen, die durch Schulen etc. arrangiert werden. Außerdem gab es Interesse im Unternehmen, etwas voranzutreiben, was zuvor nicht im Fokus lag.

Wie haben Sie die Rolle als Botschafterin ausgefüllt? Was genau haben Sie im Projekt und im Unternehmen gemacht?

Im Laufe des Projekts haben wir uns erarbeitet, das Unternehmen mit offenen Augen bzw. kritischem Blick im Hinblick auf Frauen im MINT-Beruf wahrzunehmen. Aus diesen Beobachtungen entwickelten wir Anregungen zur Verbesserung zum Beispiel im Hinblick auf die Arbeitskleidung oder flexible Arbeitszeitmodelle und brachten auch unsere eigene Erfahrung ein. Die aktive Teilnahme an den Vernetzungsworkshops mit anderen MINT-Unternehmen ermöglichte uns, Einblicke in andere Unternehmen zu bekommen und Anregungen mitzunehmen zu den Fragen: Wie lösen es andere Unternehmen, oder welche Schwierigkeiten haben andere Unternehmen?

Wie hat die Arbeit als Botschafterin Ihr eigenes Selbstverständnis als Frau in einem MINTBeruf verändert/beeinflusst?

Während der Gespräche und Treffen mit den Schülerinnen und Studentinnen wurde deutlich, dass Frauen in technischen Berufen noch immer eine Seltenheit sind. Dadurch entstand ein deutlich positiveres Selbstverständnis für uns. Uns wurde noch einmal klar, dass wir als Frauen eine Rarität in vielen Unternehmen sind, da der Beruf immer noch als Männerdomäne gilt.

Welche Auswirkungen hatte das Projekt MINTrelation Zukunftswerkstatt in Ihrem Unternehmen allgemein?

Das Projekt initiierte aktive Gespräche mit Kollegen und Kolleginnen aus anderen Bereichen, was zur Folge hatte, dass wir deren Sichtweise besser verstehen und nachvollziehen konnten. Außerdem wurde ein Verständnis für das Thema "frauenfreundliche Unternehmenskultur" geschaffen und für damit zusammenhängende Probleme breiter sensibilisiert.

Welche Diskussionsprozesse wurden in Gang gebracht, die es vorher nicht gab?

Allgemein wurden Diskussionsprozesse in Gang gebracht, die zuvor als selbstverständlich galten oder im Hintergrund bislang nur oberflächlich behandelt wurden. Dazu gehört zum Beispiel die passformgerechte Arbeitskleidung, die Überarbeitung des Internet/Intranet-Auftritts, Arbeitszeitmodelle und Einrichtung einer KiTa.

Welche Gruppen haben in Ihrem Unternehmen zusammengearbeitet, die vorher eher wenig Kontakt miteinander hatten?

Das Projekt ermöglichte zum Beispiel Zusammenkünfte von Mitarbeiter/innen aus der Verwaltung und aus der Produktion mit der Personalabteilung. In dieser Konstellation treffen normalerweise die Masse der Kollegen nicht aufeinander. Das waren schon sehr seltene, aber fruchtbare Begegnungen.

Was ist eine Zukunftswerkstatt?

Dialog mit potenziellen Nachwuchskräften - Personalleiter/innen im Gespräch mit weiblichen Fachkräften, Schülerinnen und Studentinnen. Mehr Infos dazu

Wie ging es nach der Zukunftswerkstatt im Unternehmen weiter?

Aufgrund verschiedener struktureller und personeller Umstrukturierungen im Hause konnten die in der Zukunftswerkstatt erarbeiteten Ideen leider nur zögerlich umgesetzt werden. Momentan arbeiten wir aber aktiv an der „passformgerechten Arbeitskleidung“: Es wurden zum Beispiel Muster beschafft und gesichtet, und es gibt die Überlegung, von Mietkleidung auf eigene Arbeitskleidung umzustellen, die Style und Funktion perfekt kombiniert und nicht aussieht wie veraltete Arbeitskleidung.

Mit welchen Stolpersteinen müssen Firmen allgemein rechnen, wenn sie sich auf Veränderungsprozesse im Hinblick auf Frauenförderung einlassen?

Das Thema "frauenfreundliche Unternehmenskultur" wird leider oft noch als Eingriff in das "Territorium" der Männer verstanden; ein anschauliches Beispiel dafür ist das Entfernen von typischen Werkstattkalendern, die sexistische Abbildungen von Frauen zeigen. Eine solche Maßnahme kann schon eine negative Einstellung von männlichen gegenüber weiblichen Kollegen schaffen. Ein weiterer Stolperstein ist, dass viele Veränderungen auch mit Kosten verbunden sind, dazu sind nicht alle Unternehmen bereit.

Was kann aus Ihrer Sicht getan werden, um das Thema „Frauenfreundliches MINT-Unternehmen“ auch nach Projektablauf im Unternehmen weiter voran zu bringen?

Wichtig ist auf jeden Fall, die Geschäftsleitung von Anfang an mit einzubeziehen, sodass sie darüber in Kenntnis gesetzt ist und solche Projekte auch aktiv unterstützt. Leider wissen viele Mitarbeiter bzw. Kollegen nichts mit dem Begriff "Frauenfreundliches Unternehmen" anzufangen, auch bei der Fa. Kannegiesser ist vielen Kollegen nicht bewusst, dass wir bei dem MINTProjekt beteiligt waren. Hier empfehlen wir, die gesamte Belegschaft mehr über solche Projekte zu informieren.
Zudem gibt es die Möglichkeit, an diversen Aktionen mitzuwirken, um für die Berufe der Metallindustrie zu werben. Dazu gehören hier im Raum OstwestfalenLippe u.a. BinGO für Kids, BinGO, Ausbildungsinformationsmessen, Kennenlernen-Treffen und Girls´ Days, bei denen die Firma Kannegiesser aktiv mitgewirkt und positive Erfahrungen gesammelt hat. Daher empfehlen wir eine Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern und die Beteiligung an ihren Projekten, um dieses Thema im Unternehmen aufrecht zu erhalten.

Welche Schwerpunkte sollten künftige Projekte Ihrer Meinung nach stärker berücksichtigen?

Es ist nach wie vor wichtig, Frauen frühzeitig auf technische Berufe vorzubereiten und sie darauf aufmerksam zu machen. Frauen erhalten zu wenig Eindrücke von technischen Berufen und der spannenden Vielfalt des Ingenieursberufs. Hier sollten zum Beispiel Wahlfächer und Kurse in der Schule zum Thema Handwerk und Technik angeboten werden.

Vielen Dank für das Interview!

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